Teuflische Önologie und sonstig Mafiöses

Planchas angekommen, ausgepackt, aber mehr ist noch nicht. Deswegen hier Zwischenstand Maulbeerweinproduktion in der Cantina von Racalmuto. Wir wollten Dienstag …Weiterlesen →

Planchas angekommen, ausgepackt, aber mehr ist noch nicht. Deswegen hier Zwischenstand Maulbeerweinproduktion in der Cantina von Racalmuto.

Wir wollten Dienstag ernten, damit die Beeren frisch zu Önologe Angelo Papiro kämen. 10 Kilo sollten wir sammeln, doch Dienstagfrüh waren alle abgefallen und wir waren sozusagen Beerenlos. Sind natürlich trotzdem zum Termin am Mittwoch und in der Tat, Angelo war mittlerweile aufs Attentat vorbereitet worden. Er meinte, für die Tests würde auch ein Kilo reichen, also klapperten wir alle Bäume ab, klaubten zusammen, was zusammenzuklauben war, 600 Gramm waren’s dann schon.

Angelo nahm uns dann direkt mit ins Labor, es wurde zerdrückt, mit Pipetten hantiert, schon bald die erste gute Neuigkeit: Zuckerkontent sehr hoch, wird ein Wein mit 9,6 % Alkoholgehalt. Er erklärte nebenher, wo der Unterschied Önologe/Sommelier liegt: Sein Job sei, das Schlechte am Wein zu finden, während der Sommelier sich als Poet aufs Positive konzentriert. Aha, Teufel rechts, Engel links.
Dann kamen blaue und pinke Flüssigkeiten zum Einsatz und die erste schlechte Nachricht: Der Säuregehalt ist hoch, d. h. aus dem Wein würde bald Essig werden. Der Wein hätte nur eine Lebensdauer von 3-4 Monaten, das ist natürlich wenig. Zusätze, die man beigeben könnte, um die Haltbarkeit zu verlängern, würden einen negativen Geschmack mit sich bringen.

Humpf. Angelo, hochmotiviert, da in ein Gläschen, hier was gefiltert, keine Ahnung, was er da machte. Er hat’s natürlich wortreich erklärt, aber wie soll man das so als Laie blicken, da kommt auch mein Italienisch nicht mehr mit. Frage mich echt, was am Ende des chinesischen Telefons rauskam, denn ich musste das Ganze ja dann noch Chris ins Englische kommunizieren. „Traduttore – Traditore“, sagt man im Italienischen, „Übersetzer ist gleich Betrüger“, stimmt, man muss ja immer irgendwie improvisieren, wenn einem die Worte fehlen.

Zum Glück war unser aller Begeisterung nicht zu übersetzen, denn die war echt. So oft käme Angela ja auch nicht dazu, was Neues auszuprobieren: „Wenn ich hier mit den Weinen Mist baue, bringen die mich um“ – glaube ich ihm, sind ja schließlich im tiefsten Sizilien. Wobei mir gesagt wurde, dass Racalmuto Dank Leonardo Scìascia zu seiner Lebenszeit Mafia-frei war „Paese della raggione“, nannte er seinen Geburtsort – Ort der Vernunft. Dann war er tot, tja, und dann wendete sich das Blatt. Ich muss euch übersetzen, was auf dem Stein beim Aussichtspunkt eingemeiselt ist:

Ich habe versucht, etwas über das Leben in einem Ort zu erzählen, das ich liebe, und ich hoffe, das Gefühl vermittelt zu haben, wie weit dieses Leben entfernt ist von Freiheit und Gerechtigkeit und damit von Vernunft.

Hochkritisch, mir kamen spontan die Tränen.

An Scìascia kommt man hier nicht vorbei. Eine Reihe Weine sind nach seinen Charakteren benannt und eine lebensechte Bronzestatue von ihm steht mitten auf der Piazza.

Zurück zum Wein, bzw. ein Übergang: Angelo schenkte uns eine Sammlerflasche, die zum 20. Todestag von Sciascia kreiert worden war. Wow!

Angelo ist der totale Glücksgriff und ein „dark horse“ noch dazu: Er betreut vier Cantine (er hat uns eingeladen, die anderen zu besichtigen), und der erste Wein, mit dem er Gold belegte, war an der VINITALY 1995, hat Preise an der „Berliner Weine“ und anderen internationalen Wettbewerben gewonnen. Lässig.

Ach ja, der Maulbeerwein, den hat Angelo mit Hefe versetzt, irgendwie müssen wir jetzt 20 Tage warten, und dann gibt’s wieder ein Ergebnis, das bestimmt auch zu irgendwas gut ist.

An sich wäre unsere Projekt wegen der Säure schon gestorben. Aber bestimmt lässt sich doch eine 3-tägige Genusstour verkaufen, die zu der Zeit stattfindet, in der der Wein noch gut ist, oder? Muss mir das Ergebnis anschauen, kann man bestimmt irgendwie auf der Plancha zu was richtig Gutem verarbeiten…

Eure,

Mona Leone, Plancha-Botschafterin

#monaleone
#planchaqueen
#plancha